Wenn es um komplexe Bankangebote wie Beratungs- und Finanzierungsleistungen geht, stehen die Finanzinstitute vor einem Dilemma: Nicht nur der Kostendruck steigt, auch die Ansprüche der Kunden werden höher. Aktuelle Studien geben Hinweise auf mögliche Auswege.
Amazon, Uber, Apple und andere Tech-Unternehmen sind Spezialisten darin, ihre Angebote für die Nutzer so simpel wie möglich zu gestalten. Die Komplexität hinter den Kulissen ihrer Websites und Apps wird nach aussen hin nicht sichtbar. Zugleich arbeiten sie laufend daran, ihre Prozesse zu verbessern, um ihren Konkurrenten ein bis zwei Schritte voraus zu bleiben.
Wenn Kunden digitale Bankleistungen nutzen, erwarten sie heute ein ähnlich umfassendes und nahtloses Erlebnis wie bei anderen Online-Services. Das gilt nicht nur für den gelegentlichen Blick aufs Bankkonto, sondern ebenso für umfangreiche Vorgänge wie die Baufinanzierung. Für die meisten Menschen ist ein Eigenheim schliesslich die grösste Ausgabe ihres Lebens. Entsprechend anspruchsvoll und wählerisch sind sie bei der Suche nach dem richtigen Partner dafür.
Das mag Bankmanagern unfair erscheinen, denn sie tragen eine grössere Verantwortung und müssen mehr Regeln, Gesetzen und Vorschriften folgen als Amazon bei einer Bestellung. Aber an dieser Erwartungshaltung lässt sich nichts ändern.
So kommt auch PwC in seinem neuesten «Home Lending Experience Radar» zu dem Schluss:
«Die Frage ist nicht mehr, ob Kunden digitale Werkzeuge wollen. Es ist nun die Frage danach, wann, warum und wie sie sie nutzen wollen.»
Und der Status Quo sieht nicht gerade gut aus: Laut einer US-Untersuchung von McKinsey & Company gaben nur 42 bis 48 Prozent der befragten Kunden ihrer Bank gute Noten, wenn es um die Baufinanzierung ging. Bei Nicht-Banken waren es immerhin 52 bis 67 Prozent. Das lasse «viel Platz für Verbesserungen», wie McKinsey es diplomatisch ausdrückt.
Die gute Nachricht: Klappt die Customer Experience und erarbeitet sich das Bankhaus dadurch einen guten Ruf, spielen Preise beim Vergleich eine weniger entscheidende Rolle. Auch das beschreibt McKinsey in der Studie «Competing on Customer Experience in US Mortgage». Demnach wird ein besonders gutes Kundenerlebnis als ebenso wichtig angesehen wie die bestmöglichen Konditionen – je nach befragter Gruppe wird es sogar höher gewertet.
Das Potenzial ist dabei enorm: Mehr und mehr Kunden können sich vorstellen, eine Baufinanzierung rein digital vorzunehmen. 80 Prozent sind es laut Boston Consulting Group in ihrem «US Mortgage Industry White Paper».
Finanzinstitute haben auf diese Entwicklung in den vergangenen Jahren bereits reagiert. Die Änderungen betreffen hier oftmals das für Kunden sichtbare Frontend. Finanzrechner helfen dann beispielsweise, sich einen ersten Eindruck zu verschaffen. Es gibt digitale Wege, Termine zu vereinbaren oder den Status des Antrags einzusehen.
Das ist gut, reicht aber nicht aus. Wie verschiedene Untersuchungen zeigen, liegen die Probleme oft im Back-Office. Aus Kundensicht dauert es dann zu lang, bis sie eine Antwort auf einen Finanzierungsantrag bekommen. Und aus Sicht der Banken sind die Kosten pro Finanzierung schlicht zu hoch.
Generell hat sich der Kostendruck für Banken spürbar erhöht. Zum einen schrumpfen die Margen durch die zunehmende Konkurrenz. Interessenten können Angebote online schnell recherchieren und nicht selten kommen sie mit den Ergebnissen eines Online-Vergleichs zum Beratungsgespräch. Zum anderen verteilt sich der Markt auf mehr Anbieter als früher: Nicht-Banken haben sich in den letzten Jahren ein grösseres Stück des Kuchens sichern können. Beispiel USA: Laut McKinsey ist ihr Anteil in den letzten 10 Jahren von 25 auf 50 Prozent gestiegen.
Zugleich steigen die Kosten pro Antrag. Im Bereich der Baufinanzierung gehen nach Angaben der Boston Consulting Group 70% dieser Steigerungen auf Personalausgaben zurück. Kein Wunder, denn ein Baufinanzierungsantrag benötigt viele manuelle Schritte.
Diese Komplexität entsteht unter anderem aus der Vielzahl an Dokumenten, die eingereicht und verarbeitet werden müssen. Hinzu kommt die Kommunikation zwischen den Beratern des Finanzinstituts einerseits sowie den Interessenten und Kunden andererseits: Sie findet oftmals auf den verschiedensten Kanälen statt – vom Telefon über E-Mail und Textnachrichten bis hin zum persönlichen Gespräch.
Die Studien sind sich einig: Hier braucht es bessere und schlauere Werkzeuge, um die Berater zu entlasten und den Interessenten ein besseres Erlebnis zu geben – vom ersten Kontakt bis zum Abschluss.
Wie sich die Customer Experience verbessern lässt, während gleichzeitig die Effizienz im Back-Office steigt, werden wir in einem zweiten Beitrag aufzeigen.